BabylonParadies
auf Erden?, Nabel der Welt?, Hure?, ganz sicher die größte Stadt
ihrer Zeit - ganze vier potentielle Weltwunder beherbergte die einstige
Millionenmetropole.
Zu
Zeiten Nebukadnezar II (604 - 562) muss Babylon dem Reisenden einen
fantastischen Anblick geboten haben. Aus tiefer Ebene erhob sich
eine gewaltige Mauer mit hunderten von Türmen. Verkleidet mit farbigen
Kacheln glänzten sie in der gleißenden Sonne. Und doch verblassten
sie vor dem Hintergrund der Riesenmetropole, vor den Gärten und
dem alle überragenden Turm zu Babel. Doch wieviel ist wahr,
wieviel ist dran am Mythos Babylon?
Die Stadt war ein Moloch. Glauben wir die niedrigsten Angaben der
antiken Autoren, hatte die Stadt einen Umfang von 70 km (365 Stadien).
22 Meter, so hoch wie ein sechsstöckiges Haus, soll die Stadtmauer
gewesen sein. Die Breite der Mauer ist mit wenigstens sechs Metern
angegeben. Dabei war dies "nur" die äußere Mauer. Ein zweiter Mauerring
wird in den Quellen erwähnt, Robert
Koldewey fand gar drei bei seinen Ausgrabungen in Babylon. Kein
Wunder, dass etliche antike Autoren die Mauern in ihrer Liste der
Weltwunder vermerkten.
Die archäologische Befund bestätigt die Angaben der antiken Autoren.
Geht man davon aus, dass der Zwischenraum zwischen den beiden ersten
Mauer aufgefüllt war, stimmen auch die Beschreibungen Herodots,
Philons und Strabons von den zwei Mauerringen und sogar die Bemerkung,
dass ein vierspänniger Streitwagen darauf wenden konnte. Sechs Meter
war ja nur die niedrigste Angabe.
Die Ausgrabungen scheinen auch Ktesias' Angabe von den 250 Türmen
an der Außenmauer zu bestätigen. Koldewey legte 15 dieser Türme
frei, woraus sich auf die geschätzte Länge der Mauer eine Gesamtzahl
von über 300 errechnen würde. Die Beschreibungen der antiken Schriftsteller
wurden bis dahin immer als maßlose Übertreibungen angesehen. Vielleicht
doch nicht?
Die Außenmauer bestand aus ungebrannten die beiden inneren Ringe
aus gebrannten Ziegeln. Die Ziegel trugen das Siegel Nebukadnezars
II. Drei- bis vier Milliarden Ziegel dürften an der Stadtmauer verbaut
worden sein. Babylonische Arbeit wurde geflügeltes Wort für
ein üble Schinderei. Zu allem Überfluss waren große Teile der Mauer
auch noch verziert. Farbige, glasierte Ziegel bildeten fantastische
Motive. Der Anblick muss atemberaubend gewesen sein.
Einen Eindruck davon kann sich der Besucher im Vorderasiatischen
Museum in Berlin verschaffen. Die Prozessionsstraße zu Ehren
des Stadtgottes Marducks, das Ischtar-Tor und die Thronsaalfassade
des Königs Nebukadnezar II. sind hier in aller Pracht zu bewundern.
In Anspielung auf die drei Weltwunder in Babylon veranlasste die
Entdeckung der Prozessionsstraße Koldewey zu dem Ausspruch: "Nach
Eurer Meinung müsste also Babylon im Baedecker drei Sterne haben
wie echter Kognak. Meine Herren, kommen sie noch einmal her! Sie
haben Marduks Prozessionsweg zu vergessen geruht."
Dieser "Prozessionsweg" ist etwas eigenwillig. Er erinnert mehr
an eine Schlucht. Zu beiden Seiten säumten hohe Mauern den Weg.
Kein Tor unterbrach sie. Sie waren mit glasierten Kacheln verziert.
Interessant ist die Wahl des Motives. Riesige Ungeheuer starrten
von den Wänden herab auf die Pilger. Es darf bezweifelt werden,
dass die Bezeichnung Prozessionsweg die Funktion des Baus
angemessen beschreibt. Die eigentliche Intention der Erbauer dürfte
wohl eine Art psychologischer Kriegsführung gewesen sein.
Babylon war eine Festung. Es war sogar eine der wenn nicht die größte
Festung aller Zeiten. Auch die Prozessionsstraße war Teil dieser
Befestigungsanlage. Selbst wenn es einem Gegner gelänge, den Wassergraben
(bei Gefahr konnte die Tiefebene um Babylon geflutet werden), die
Mauern und das Haupttor zu überwinden, er stände als nächstes auf
der Prozessionsstraße. Die führt geradewegs zum Palast, doch ist
man ungeschützt gegen Angriffe von den hohen Mauern. Dazu komt noch
der psychologische Effekt der Scharen von Ungeheuern, die mit gefletschten
Zähne von den Wänden herunter den Eindringling anstarren.
Soweit bekannt, wurden die Mauern tatsächlich nie bezwungen. Die
Stadt fiel durch Verrat. Für die meisten der Bewohner machte es
ohnehin keinen Unterschied, wer das Ruder in der Hand hielt. Auch
die höchste Mauer schützt gegen Feinde nicht, wenn jemand von innen
das Tor öffnet. Dem Mythos hat das keinen Abbruch getan. Und doch
ist es nicht die Mauer, die auf unserer Liste als Weltwunder auftaucht.
Das "offizielle" Weltwunder Babylons ist entweder nach einer zu
diesem Zeitpunkt schon sehr lange toten oder einer toten und einigermaßen
unbedeutenden Königin benannt. Einiges scheint komisch bei diesem
Bau. Das neben den Pyramiden bekannteste Weltwunder ist zugleich
das geheimnisumwittertste. Noch nicht einmal die Authenzität des
Wunders ist bisher eindeutig geklärt. Grabungen vor Ort brachten
bisher jedenfalls keine Ergebnisse.
Semiramis
Als
Monument der Liebe errichtete der König hoch über der Stadt einen
kleines Paradies seiner heimwehkranken Gattin - Die hängenden Gärten.
Verbunden
werden die hängenden Gärten mit einem Namen: Semiramis. DIE!
Semiramis ist eine der großen orientalischen Heldenfiguren - mehr
Mythos als Historie? Schaun wir mal was die Quellen zu ihrer Person
zu berichten haben.
Bei Ktesias oder bessser bei Diodor, der Ktesias abschrieb, finden
wir einen detaillierten Lebenslauf der Semiramis. Demnach war sie
die Tochter der Göttin Derketa. Aphrodite hatte diese im Zorn gezwungen,
einen Sterblichen zu heiraten. Bei welcher Gelgenheit sie sich den
Zorn der Anmutigen zuzog ist ungewiss. Derketa war alles andere
als glücklich mit ihrer Ehe. Als aus der Verbindung schließlich
eine Tochter hervorging, erschlug sie den Gatten und verschwand
ins Meer. Wir schütteln mal wieder den Kopf. Was war nur los
in jenen Tagen? Des Kindes nahmen sich darauf die Tauben an. Daher
der Name Semiramis - Täubchen.
Die kleine Semiramis wuchs zu einer überragenden Schönheit heran.
So verwundert es wenig, dass sie schnell eine kleine Karriere machte.
Onnes, erster und vornehmster Verwalter des Königs, erblickte
sie während einer Dienstreise und heiratete die Waise vom Fleck
weg. Angekommen in Ninive übernahm Semiramis schnell das Szepter
im Haus. Sie war nicht nur von überragender Schönheit sondern auch
wohlerzogen und klug. Ihr Mann verfiel ihr völlig.
Nach einer Zeit der Eintracht erklärte König Ninos den Krieg
gegen das benachbarte Baktrien. Der Herrscher siegte an allen Fronten.
Nur die Einnahme der Hauptstadt Baktria wollte nicht gelingen. Ein
ums andere Mal stürmten die Mannen des Königs erfolglos. Dem Verwalter
Onnes war es langweilig an der Front. Er lud also Semiramis
zu sich ein. Diese zögerte nicht lange.
Kaum angekommen analysierte sie die Taktik der Angreifer. König
Ninos konzentrierte sich auf die Schwachpunkte der Feste. So vernünftig
das klingt, war es doch vorhersehbar auch für den Gegner. Semiramis
nahm sich einige Mannen und griff die stärkste Stelle der Festung
an. Diese war kaum bewacht. Niemand rechnete mit einem Angriff von
dieser Seite. Semiramis hatte leichtes Spiel, der König war beeindruckt.
Wie es sich für einen großen Herrscher gehört war er großzügig.
Er überhäufte die Schöne mit Geschenken, bewunderte ihre Tapferkeit
und er verfiel ihr mit Haut und Haar. Dass Semiramis in relativ
gesicherten Verhältnissen lebte, mittlerweile hatte sie ihrem Gatten
auch zwei Söhne geschenkt, interessierte den Herrscher wenig. Er
versuchte ihren Mann zu überreden auf sie zu verzichten. Im Gegenzug
versprach er ihm sogar seine Tochter.
Onnes zeigte sich nicht interessiert. Also unterbreitete Ninos ein
ungleich verlockenderes Angebot: Sollte er auf Semiramis verzichten,
würde er ihm nicht! die Augen ausstechen weil er blind gegenüber
den Wünschen seines Herrschers war. Einem solchen Angebot war schwer
zu widerstehen. Und doch war der arme Inspektor hin- und hergerissen.
So tief war seine Liebe zu Semiramis und so groß seine Verzweiflung,
dass er schließlich den Freitod wählte, seinem Dilemma zu entkommen.
Der Weg für Semiramis zu königlichen Würden war frei und bald auch
zum Amt. Obwohl sie Ninos einen Thronfolger gebar, übernahm sie
nach dem Tode des Königs die Amtsgeschäfte im Palast. Ob ihres bezaubernden
Wesens oder ihrer Tatkraft wegen, es gab kaum Widerstand gegen ihren
Amtsantritt. Sie zögerte auch nicht lang und schritt zur Tat.
Buchempfehlungen:
Sieben Weltwunder, drei Furien und 64 andere Fragen, auf die
Sie keine Antwort wissen
Autor:
Peter D'Epiro
Neu kaufen: EUR 12,90
Die Sieben Weltwunder
Autor: Werner Ekschmitt;
Neu kaufen: EUR 25,50
Die Sieben Weltwunder der Antike
Autor: Max Kunze
Neu kaufen: EUR 39,90
DVD!
Die
7 Weltwunder der Antike
Neu kaufen:
EUR 17,99
|
Als
erstes soll sie am Euphrat eine neue Stadt gründetet haben - Babylon.
Innerhalb eines Jahres soll die Stadt mit einer Mauer umgeben gewesen
sein. Sie legte die Sümpfe trocken, errichtete einen großen Tempel
und einen Turm zwecks astronomischer Beobachtungen. Ach ja, eine
gewaltige Statue des Marduk und zahllose andere Tempel werden ihr
auch zugerechnet. Und damit sie auch wirklich in die Geschichte
eingehen würde, zettelte sie einen Krieg an.
Da der Ruhm eines Herrschers sich v.a. nach der Größe seiner Feinde
bemisst, legte sie sich mit mehr oder weniger der gesamten bekannten
Welt an. Persien, Ägypten, Äthiopien ... bis nach Indien zog es
sie. Dort allerdings verließ das Glück die große Herrscherin. Nicht
nur verlor sie drei Viertel ihres Heeres, auch wurde sie von einem
Speer verwundet. Ihr Pferd, das schnellste Ross der Welt, brachte
sie in einem Ritt zurück nach Babylon. Sie verstand es als Fingerzeig
Gottes und regierte fortan in Glück und vor allem Frieden!
Derweil sah Nini, ihr gemeinsamer Sohn mit Ninos, seine Felle schwinden.
Semiramis schien wenig geneigt, ihm jemals die Macht zu übertragen.
Ganz Kind seiner Zeit beschloss er gemeinsam mit einem Eunuchen
die geliebte Mutter zu meucheln. Die sah dergleichen voraus und
verzichtete freiwillig auf die Macht. Der Legende nach trat sie
auf den Balkon, verwandelte sich in eine Taube und ward nie mehr
gesehen.
Von einer solchen Biografie kann ein jeder Herrscher nur träumen.
Die Geschichte hat alles von Tragik bis hin zur großen Liebe, Intrigen,
Geld und Macht. Nur beim Thema Glaubwürdigkeit hat der Autor etwas
gespart. Es liest sich schon eher wie ein Märchen aus Tausend und
einer Nacht. Der gute Ktesias wirft hier scheinbar einiges durcheinander.
Andere Quellen überliefern eine etwas realistischere Variante Semiramis'
vita. Bei Athenai war Semiramis eine Hofdame die ob ihrer
Schönheit den König verführte. Sie überredete ihn, ihr die Macht
für 5 Tage zu überlassen. Der Ahnungslose stimmte zu. Kaum an der
Macht gab sie ein riesiges Fest. Bei der Gelegenheit umgarnte sie
die Heerführer und machte sie sich gewogen. Am Tag darauf schon
huldigten ihr das Volk und die Generäle. Darauf warf sie den rechtmäßigen
König ins Verlies und erwarb somit den Thron. Im Laufe eines langen
und umtriebigen Lebens vollbrachte sie zahllose Heldentaten.
Semiramis also nur das Hirngespinst orientalischer Geschichtenerzähler?
Alexander der Große sah das offenbar ganz anders. Einiges an seinem
Feldzug gegen die Perser, Ägypten, Inder und den Rest der Welt erinnert
an den Zug der Semiramis. Auch er scheiterte in Indien und wurde
von einem Pfeil verletzt. Selbst den Verlust eines Großteils seines
Heeres schaffte Alexander an ähnlicher Stelle. Böse Zungen behaupteten
allerdings, die Katastrophe wäre nicht ganz ohne Vorsatz über die
Makedonen hereingebrochen und der König hätte die Verluste zumindest
billigend in Kauf genommen, doch ist das eine ganz andere Geschichte.
Es gibt tatsächlich Hinweise auf eine eigentlich sogar mehrere historische
Semiramis. Der Name (Schammuramat) findet sich in assyrisch-babylonischen
Verzeichnissen als Herrschername. Wer aber hat die Hängenden Gärten
errichtet? Es ist einigermaßen unwahrscheinlich, dass es sich um
die historische Semiramis handelte. Eine altorientalische Königin
Semiramis datieren wir anhand der Quellen im Zeitraum 810 - 782.
Die Datierung der in Babylon gefundenen Reste deutet aber eher auf
eine andere historische Figur. Kaum weniger klangvoll ist sein Name:
Nebukadnezar. War er der Erbauer der sagenumwobenen Hängenden
Gärten von Babylon?
weiter
zu Teil 2 >>>