Ruinen von Baalbek
Baalbek ist und bleibt ein Faszinosum. Berühmt ist es für seine monumentalen Tempelruinen; allen voran der Jupitertempel. Die wohl herausragendste archäologische Stätte des Libanon hat allerdings noch deutlich mehr zu bieten, als ein paar staubigen Ruinen. Baalbek ist Touristenattraktion, zugleich aber auch Mekka für Archäologen und Verschwörungstheoretiker. Die einen schauen auf die Tempel, die anderen auf das was darunter liegt.
Die eigentlich phönizische Gründung erlebte ihre erste Renaissance in hellenistischer Zeit, wo die Stadt unter dem Namen Heliopolis bekannt wurde. Als religiöses Zentrum blieb es auch unter Herrschaft der Römer ein Magnet für Pilger aus dem ganzen Reich. Tatsächlich erlebte Baalbek - nicht zuletzt dank des monumentalen Jupitertempels - in römischer Zeit seinen Höhepunkt. Verehrt wurde ein göttliches Dreigestirn (Jupiter, Venus und Merkur), was allerdings auf eine phönizische Tradition zurückgeht.
So beeindruckend die Ruinen sind, unser Highlight ist etwas anderes. Die Terrasse, auf der jener Jupitertempel errichtet wurde, findet bemerkenswert wenig Beachtung in der Fachliteratur. Verdient hätte sie diese allemal. Sie ist aus 24 gewaltigen Monolithen gebaut, von denen der größte stolze 800 Tonnen wiegt. An solch einen Brocken haben sich noch nicht einmal die ägyptischen Pyramidenbauer versucht. Und die hatten nur flaches Gelände zu überwinden.
Das Gelände zwischen dem Steinbruch, aus dem die Blöcke stammen, und der Baustelle war alles andere als eben. Wie die Blöcke transportiert wurden, bleibt rätselhaft. Und zum Bau der Terrasse von Baalbek mussten gleich drei dieser Riesenbrocken herangeschafft werden. Soweit wir es beurteilen können, kann man als Teil der Terrasse sogar die drei größten jemals verbauten Monolithen der Welt bewundern.
Wenn der Schein nicht trügt, waren die Bauherren zuversichtlich, sogar noch größere Lasten bewältigen zu können. Zumindest fanden sich im Steinbruch weitere, noch unvollendete Blöcke. Einer davon - der "Stein des Südens" - galt bis in die 1990er Jahre gar als "größter Baustein der Welt". Dann wurde unweit ein noch größerer Brocken gefunden.
Der Stein des Südens wiegt bei rund 20 Metern Länge und einem Außenmaß von über 4x4 Meter (tatsächlich ist er bis zu 5,29m breit) etwa 1000 Tonnen. Sein Nachbar kommt geschätzt auf 1200 Tonnen.
Es ist auch nicht klar, wie alt die Terrasse ist. Sie wurde mit einiger Sicherheit nicht von den Römern erbaut und auch in den griechischen Quellen findet sich kein Hinweis auf diese Herkulesarbeit. Die Herkunft liegt also einigermaßen im Dunkeln, die Ausführung grenzt an ein Wunder, sicher ist nur, dass sie nicht fertig gestellt wurde. Anscheinend ist es diese Kombination, die die Terrasse von Baalbek zu einem "arte factum non grata" machte (womit ich laut Google gerade einen neuen Begriff geprägt habe); ein Artefakt also, mit dem sich niemand gern abgibt, an dem sich zumindest kein Archäologe die Finger verbrennt. Da kommen Verschwörungstheoretiker und Hobbyisten aller Art ins Spiel.
Den Eingang in die UNESCO Liste verdankt Baalbek der Kombination aus phönizischen, hellenistischen und römischen Traditionen. Über einen Zeitraum von 200 Jahre wurden auf den schon existierenden Strukturen immer neue kolossale Tempel errichtet. Ihr künstlerischer Wert ist herausragend und eines der bemerkenswertesten Beispiele, wie durch architektonische Metamorphose eine Fusion von phönizischem und Greco-Romanischen Pantheon erreicht wurde. Man könnte sagen, dass hier der traditionelle syrisch-phönizische Stil mit der Bildersprache der Ara Pacis verschmolzen wurde. Das einsame Highlight ist sicher aber der Jupiter Tempel mit seinen bis zu 20 Meter hohen Säulen.
Tempel und Altstadt sind seit 1984 offizieller Teil des Weltkulturerbes der UNESCO.