Hightech enthüllt verborgenen Archimedes Text

Im Labor gelang es Physikern das älteste erhaltene Archimedes-Manuskript lesbar zu machen.

Es ist die wohl älteste existierende Abschrift eines Archimedestextes, bis vor Kurzem war sie für die Wissenschaft allerdings verloren. Es war unmöglich, den Text zu lesen - eine Herausforderung für die Physiker von der John Hopkins University und dem Rochester Institute of Technology. Das muss man wohl erklären.

Das Manuskript ursprünglich aus dem 10. Jahrhundert war 200 Jahre später von einem Mönch gelöscht und überschrieben worden. Die Seiten aus wertvollem Ziegenleder wurden dazu mit Bimsstein und Zitronensäure behandelt, kein ungewöhnlicher Vorgang im Mittelalter, wo Bücher zu wertvoll waren um sie nur einmal zu verwenden.

Offensichtlich waren die Texte des genialen Erfinders im zu der Zeit nicht sehr gefragt und so mussten die "Methoden der mechanischen Theoreme" und das "Traktat über schwimmende Körper" einer Sammlung von Psalmen weichen. In dieser Form wiederverwendete Bücher nennt man auch Palimpsest. Das Problem liegt auf der Hand. Wie kann man den gelöschten Text wieder sichtbar machen?

Einmalige Texte

Bei dem Buch handelt es sich um das älteste erhaltene Archimedes-Manuskript überhaupt. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Kopie direkt von einem Original angefertigt wurde. Zudem hoffen sie, dass auch einige der Originalzeichnungen sichtbar gemacht werden können.

Die mechanischen Theoreme gehören zu den wichtigsten Arbeiten Archimedes'. Darin erläutert der vielleicht bedeutendste Mathematiker der Antike, wie er Mechanik verwendete um seine mathematischen Theoreme zu entwickeln. Das Traktat über schwimmende Körper ist sogar die einzig erhaltene Kopie des griechischen Originals.

Das Archimedes Palimpsest war 1998 für rund 2 Millionen Dollar von einem privaten Sammler gekauft worden, der es dem Walters Art Gallery in Baltimore übergab und auch die weiteren Studien am Text sponsorte.

High-tech enthüllt Original

Seitdem bissen sich Physiker von der John Hopkins University und dem Rochester Institute of Technology trotz modernsten Equipments die Zähne an dem Text aus. Dabei war die Löschaktion des mittelalterlichen Mönches noch ihre geringste Sorge. Im 20. Jahrhundert hatten Fälscher byzantinische Bilder in das Buch gemalt, um dessen Wert zu erhöhen. Dies entpuppte sich als echtes Problem.

Der Durchbruch gelang schließlich Uwe Bergmann, Physiker an der Stanford University. Als er einen Artikel über das Manuskript las, kam ihm plötzlich die Eingebung. Die Tinte des Originaltextes enthielt Eisen, die späteren "Hinzufügungen" nicht. Mit Hilfe von Röntgenstrahlen müsste es also möglich sein, das Original in Klartext zu sehen.

Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Mittels eines Teilchenbeschleuniger vom Stanford Linear Accelerator Center erzeugten die Forscher eine sogenannten Synchrotron-Strahlung. Aus für uns Nicht-Physikern nur schwer nachvollziehbaren Gründen bringt diese Strahlung unter anderem Eisen zum Fluoreszieren, das Ganze erinnert etwas an den Herrn der Ringe.

Nachdem der mittelalterliche Text der Synchrotron-Strahlung ausgesetzt war, "leuchtete" die eisenhaltige Schrift für etwa 5 Tage, ein besonderer Detektor zeichnet dies auf und der Text wurde lesbar. Der Vorgang ist mühselig, der Erfolg belohnte die Forscher für alle Mühe.

Skurriler Charakter

Archimedes von Syrakus lebte von circa 285 bis 212 vor Christus. Der Legende nach wurde er bei der Eroberung seiner Heimatstadt durch römische Truppen getötet Angeblich hat er dem Soldaten, der ihn beim Zeichnen geometrischer Figuren im Sand störte, zuvor zugerufen haben: Noli turbare circulos meos (Störe meine Kreise nicht!)

Offensichtlich war ein etwas skurriler Charakter. Zahllose Geschichten ranken sich um ihn, besonders von Lehrern immer wieder dankbar aufgegriffen und erzählt. Weltvergessen oder nicht, seine Errungenschaften als Wissenschaftler sind beachtlich.

So berechnete er erstmals den Inhalt krummlinig begrenzte Flächen, nahm die Integralrechnung vorweg, ermittelte einen Näherungswert für die Zahl Pi, fand das nach ihm benannte Archimedische Prinzip - Ein in eine Flüssigkeit eingetauchter Körper verliert scheinbar so viel von seiner Gewichtskraft, wie die von ihm verdrängte Flüssigkeit wiegt - er erfand den Flaschenzug und die Schraube. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Mit seinen Kriegsmaschinen hielt er die Römische Armee lange Zeit im Alleingang auf. Am Ende konnte auch er den Fall von Syrakus nicht verhindern. Wohl marodierende Soldaten erschlugen den zu diesem Zeitpunkt schon hoch betagten Gelehrten. Mit ihm starb das letzte große Universalgenie der Antike.

 

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